Programm Oktober 2021

So 10.10. 10:00. «Weiße Türen, weiße Fenster» – Wohnungslose Frauen schaffen sich Raum. Renate A., Jana W. und Carmen P. sind die Protagonistinnen von in diesem Jahr entstandenen Kurzfilmen. Die drei eint ihr selbstbewusstes, klares Auftreten, mit dem sie ihre Erfahrungen teilen. Alle drei wissen, was Wohnungslosigkeit bedeutet: Renate hatte ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt im Prater, wo sie als Tagelöhnerin arbeitete und sich in der Nacht einen geschützten, aber nicht einsamen Schlafplatz suchen musste. Jana weiß von der Erfahrung zu erzählen, die viele Frauen machen, denen eine eigene Wohnung fehlt – sie gehen eine Beziehung mit einem Mann an, der ihnen Unterkunft bieten kann, daraus resultiert ein starkes, oft gewaltbesetztes Macht-Ungleichgewicht. Carmen kennt die Einrichtungen, die die Stadt Obdachlosen bietet. Ihr Ausweg aus dem psychischen Stress, der sich daraus ergibt, keinen eigenen Platz zu haben, war immer schon die Kreativität.
Die Idee, mit den drei Frauen Filme zu machen, stammt von Regina Amer. Nach ihrer eigenen Erfahrung mit Wohnungslosigkeit hat sie sich dem Netzwerk HOPE (Homeless in Europe) angeschlossen. Sie und die Filmschaffenden Gabriela Markovic, Victor Kössl und Lisbeth Kovačič entwickelten gemeinsam mit den Protagonistinnen die Filme. Dazu gibt es die Möglichkeit, bei einem Brunch mit Musik am Gaußplatz mit Renate, Jana und Carmen ins Gespräch zu kommen oder beim Speakers Corner über das Thema Wohnungslose Frauen teilzunehmen.
Ab 10:00 Filmprogramm im Perinetkeller mit Renate, Jana, Carmen. Ab 10:00 Parallelprogramm am Gaußplatz: Brunch mit Straßenmusik.
Eintritt: Freie Spende
Der Reinerlös der Veranstaltung kommt den wohnungslosen Frauen zugute.


Sa 16.10. 19:30. «And always die Liebe im Knopfloch meines Mantels». Die Berliner Writers Damen Maria A. Druckenthaner und Felicitas Jacobs spinnen ein Netz von Lyrik und Geschichten aus dem Berliner Stadtleben, ziehen fiktionale und dokumentarische Fäden zwischen alltäglichen Überraschungen und Liebesglück, Lauschangriffen in der S-Bahn, Verfolgungsjagden und bizarren Partys. Erzählen vom Drama der kleinen Dinge und der Komödie der Sehnsucht. Felicitas Jacobs, Rheinländerin, seit 1975 in Berlin. Kam nie mehr von dort weg. Theaterpädagogin, Regisseurin, ständig Schreibende, geboren in der 50ern, artig in den 60ern, frech in den 70ern, mutig in den 80ern, familiär in den 90ern – und wieder von vorne. Liebhaberin der kleinen Form und Schreiberin von Alltagsgeschichten aus der großen Stadt, zum laut und leise Lesen. Maria A. Druckenthaner, gebürtige Österreicherin, lebt seit 1986 in ihrer Wahlheimat Berlin. Schreibend zuhause in der Dichtung und im Sprachexperiment seit den frühen 80ern. In dieser Zeit auch die ersten Veröffentlichungen und Kollaborationen mit Musikernnen und Künstlernnen. Nach einer literarischen Schaffenspause dichtend wieder zurück mit dem Projekt Writers Damen.


Der Perinetkeller ist das ehemalige Atelier der Wiener Aktionisten und wird seit Juni 2016 vom Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) ohne Subventionen betrieben. Spenden sind erwünscht. Kein Konsumzwang. Getränke gegen Spenden. Wir raten dringend, ein persönliches Glaserl mitzubringen – andernfalls droht der Plastikbecher. Klo am Platz (ca. 100 m).

IODE . Perinetkeller . Perinetgasse 1, 1200 Wien . www.perinetkeller.at
facebook.com/IODE.Perinetkeller

Programm Sommer 2021

Fr 13.8. 19:30 Vernissage: ERROR. Eine Fotoausstellung von Mar Schießwohl

Do 2.9. 19:30 «Musikarbeiter unterwegs». Das Buch – Eine launige Finisage mit Lesung und Musik. Im Juni 2021 waren es 16 Jahre, dass Mario Lang, als Lichteinfänger vulgo Fotograf und Rainer Krispel als Texter in der Zeitung Augustin ihre Musikreportagen veröffentlichen. Über 70 davon sind in dem Buch MUSIKARBEITER UNTERWEGS 2005 bis 2020, erschienen im März 2020 bei Zeuys Books (zeuys.com) zusammengefasst, eine Art alternatives Stadtgeschichte-Musik-Buch. Wegen Pandemie fielen diverse geplante orgiastische Buch-Präsentationen unter den Tisch, auch eine im verehrungswürdigen Perinetkeller, das Buch erfuhr auch ohne diese viel wunderbares Feedback und Wertschätzung. Was Grund genug ist, das Buch und das alles noch einmal ordentlich zu feiern.
Krispel liest (kurz), singt mit FREILICH 3, mit SIBYLLE KEFER (Gitarre, Stimme) und GOTTFRIED GFRERER (Gitarre, Stimme). MARIO LANG spielt mit HIRN MIT EI und als special guest begrüssen wir KENT NIELSEN (DK) – Ukulele Folk Punk / Singer/Songwriter!
Kent Nielsen ist Däne, wohnt in Lübeck und hat schon einiges ausprobiert: Autor, Waschbrettspieler, Schuhverkäufer, Label Manager, Mailorderinhaber und Ukulele Spieler. Doch eines war er jedoch immer, Sänger. ‚Shotgun Seat DJ‘ ist sein erstes Solo Album mit Roots Rock gefärbten Songs.
www.facebook.com/kentnielsenofficial/

Es wird auf jeden Fall schön und feierlich und mit Ihnen dabei gewiss ein Wahnsinn.
(Finisage (sic!) übrigens deswegen, weil die Mitbewohnerin eines Beteiligten mittlerweile den Ehrennamen „Fini“ trägt und sehr mag, was im einzelnen zu erklären jetzt viel zu weit führen würde. Aber nix Ende oder Abschluß, weil ein Buch geht ja eigentlich nicht zu Ende, was als Gedanke auch viel zu weit führt. Aber lässig.)

Sa 4.9. und SO 5.9. Ein Blendwerk von Robert Sommer, in vier Teil-Präsentationen vorgestellt im Rahmen des Volksstimmefestes, wegen Kanonisierungsgefahr mit einem Umfang von 900 Seiten ausgestattet sowie unter einem disparaten Titel veröffentlicht, der jeder Kategorisierungslogik fremd ist:«Ich komm aus der Herzgegend und meine Muttersprache ist das Herzklopfen». Schauspielerinnen lesen aus dem Buch.
Termine: Sa 12 Uhr und 24 Uhr, So 12 Uhr und 24 Uhr, jeweils beim Stand der KPÖ-Frauen unter den schattigsten Bäumen des Festes. Robert Sommer ist Gründer des Augustin und Wiederbeleber des Aktionisten-Ateliers Perinetkeller.

Juli 2021 im Keller

Fr 2.7. 10:30 Friederike Mayröcker, 1924 bis 2021. «Lieber Hermes Phettberg (…) Ich trage wie Sie einen Fischgrätmantel, Sie tragen wie ich einen Fischgrätmantel, ich trage wie Sie einen Plastiksack, Sie tragen wie ich einen Plastiksack, ich trage wie Sie lange Haare, die sich am Hinterkopf teilen und vice versa (..) lieber Hermes Phettberg, bitte machen Sie mir nicht alles nach = vielleicht sind Sie mein ready-made.» Hauchfein, hauchdünn, jedenfalls einzigartig war der Humor von Friederike Mayröcker, die am 4. Juni im Alter von 96 Jahren starb. «Die größte Dichterin der deutschen Sprache», stand in den größten Medien der deutschen Sprache. Es ist völlig unmöglich, diesen Verlust zu verkraften, jedenfalls ist das nicht die Intention der Perinetkeller-Crew, die für diesen Erinnerungsabend Menschen eingeladen hat, die in das FM-Magnetfeld gerieten: Unter ihnen Matthias Fallenstein und Linde Waber. Ersterer würdigt in diesem Zusammenhang auch seine Frau Christel, die – bevor sie 2015 starb – seit 1996 täglich ihre Freundschaft mit FM ausleben konnte.

Sa 3.7. Hommage an Rudolf Schwarzkogler. Eine Nachbestattung für den Mutigsten. Treffpunkt Zentralfriedhof, Tor 1, um 14.00 Uhr. Wolfgang Koch (Friedhofs-Guide und publizistischer Begleiter der Avantgardegrößen Hermann Nitsch und Viktor Rogy) spaziert mit den TeilnehmerInnen zu jenem aufgelassenen Grab, in dem einer der «Wiener Aktionisten» seine letzte Ruhe gefunden hat: der melancholische Fotokonzeptionist der Wiener Happening-Szene Rudolf Schwarzkogler (1940-69). Wir erinnern für einen Nachmittag daran, was das Kulturamt der Stadt Wien an diesem Nichtort versäumt hat.

Di 6.7. BRUS DAY 21 – Tag der Kunst im öffentlichen Raum. Schon der Brus Day 2020 war ein gelungener Event der Kunstausübenden Österreichs. Am Abend danach traf man sich zum Abfeiern und Berichten im Perinetkeller. Der heurige Brus Day steht nicht nur unter dem Eindruck der Repressionen und Berufsverbote für die Kunst-Szene anlässlich der Covid 19-Pandemie, sondern auch der gleichzeitig geschürten Ausspielung der Kunstschaffenden gegeneinander. An jedem 6. Juli sind Künstler und Künstlerinnen jedes Genres zur Mitwirkung eingeladen. Zur Wahl des Datums: am 6. Juli 1965 absolvierte der Aktivist Günter Brus seinen «Stadtspaziergang», der mit seiner Festnahme endete. Info: brus.day@chello.at, F: 01 954 13 09, M: 0664 466 17 25 (Félix).

Fr 9.7. 19:30 Joe Berger im Club 2. Wo sind die guten Sitten hin? Damals, als der ORF seinen Öffentlichkeitsauftrag ernst nahm und in unzensurierter Echtzeit nächtens einen Club 2 über die Bildschirme flimmern ließ, wurde noch ohne Redezeitbeschränkung diskutiert. Manchmal erhitzte er die Gemüter der Stadt. Der legendäre Club mit Nina Hagen war einer davon, die Debatte zum Thema «gute Sitten» mit der klirrendsten und brausendsten Verkörperung des Wiener Undergrounds, Joe Berger, ein anderer. Im Perinetkeller die ganze Länge! Prädikat: sehenswert!!!

So 11.7. 11:00 Zu gut für diese miserablen Filme – Joe Berger-Filmmatinee im Perinetkeller! H.C. Artmann hat sich einmal launisch in der «schule für dichtung» über Joe Berger geäußert: «… ein hervorragender Schauspieler, in diesen schlechten österreichischen Filmen war er immer der einzige, der halbwegs natürlich gewirkt hat. Die Intensität und Eindringlichkeit, mit der Joe Berger seine Rollen verkörpert hat, bleiben unvergesslich. Polternde Revolte, Irritation und eine zärtliche Umarmung.» Beide Joe Berger-Hommagen mit Unterstützung von Elisabeth Streit, Österreichisches Filmmuseum.

Fr 16.7. 19:30 Buchpräsentation «Die Nase» von Bruno Jasieński. Mit Traude und Rudi Lehner (vom Theaterkollektiv des Augustin), Elisabeth Namdar (Übersetzerin) und Roxanne Szankovich (Violine). Mit der 1936 veröffentlichten Novelle «Die Nase» legt der frühere Futurist Bruno Jasieński eine aberwitzig-groteske Parodie auf die Nürnberger Rassengesetze von 1935 vor. Wer Ohren hatte zu hören, der konnte zu dieser Zeit schon alles hören und lesen, was Europa erwartete. Dem Wiener Verlag BAHOE BOOKS ist zu danken, dass diese Satire in diesem Land nicht in Vergessenheit geriet.

Mai 2021 im Keller

Do 29.4. 19:30 ENDLICH WIEDER SEX IM KELLER. Das musste kommen: Die Würdigung jener Nachbarn, die in den 60er Jahren bei jeder Veranstaltung von Nitsch, Brus und Otto Muehl Sexorgien vermuteten und nach der Polizei schrien. Besser kann man den Keller nicht bewerben! Vincenz Wizlsperger, Mitentdecker des neuen Perinetkellers, Sänger und Texter des Kollegium Kalksburg, rezitiert Gewagtes aus seiner eigenen PornoProduktion. Christoph Krutzler ist vor allem aus Volkstheater-Rollen bekannt, insbesondere jedoch aus Georg Schmiedleitners Inszenierung der Letzten Tage der Menschheit bei den Salzburger Festspielen, wo indigenes Publikum seinem eigenen Untergang applaudierte. Krutzler trägt im Keller unvergessliche 35 Seiten aus Pasolinis Romanfragment Petrolio vor. Auf diesen breitet Paolos alter ego Carlos seinen homoerotischen Rausch auf der Wiese an der Via Casilina aus. Wie das widerwärtige Sexualleben der Paviane den Autor von Brehms Tierleben zwingt, die affektlose Haltung des nüchternen Wissenschaftlers aufzugeben, demonstriert die Schauspielerin Margot Hruby. Kultursommerarbeiterin Tina Leisch umgibt ihren Beitrag mit einem Rätsel «Schreibt einfach: Tina macht Sex», hält sie die Spannung aufrecht. Richard Schuberth, Schriftsteller. Journalist, Dramatiker, Kabarettist, Satiriker, weiß auf Anhieb, was sich auf Mur reimt. Angefragt: Zsuzsi Vecsei.

Fr 7.5. 19:30 BENNENT LIEST WITTGENSTEIN. ich könnte sagen: wenn der ort zu dem ich gelangen will nur auf einer leiter zu ersteigen wäre, ich gäbe es auf dahin zu gelangen. Denn DORT WO ICH WIRKLICH HIN MUSS, DORT MUSS ICH EIGENTLICH SCHON SEIN. Was auf einer leiter erreichbar ist interessiert mich nicht. (…)
Die wahrheit über sich selbst kann man in dem verschiedensten geiste schreiben.
Im anständigsten und im unanständigsten.und danach ist es sehr wünschenswert oder sehr unrichtig,daß sie geschrieben werde. Ja es gibt unter den wahrhaften autobiographien die man schreiben könnte alle stufen vom höchsten zum niedrigsten. Ich zum beispiel kann meine biographie nicht höher schreiben als ich bin.
Der Keller startet hochkarätig, tonangebend und namhaft. Der weltberühmteste österreichische Philosoph starb vor 70 Jahren (29. April 1951). Eine Unzahl unter denen, die sich auf seine Texte einlassen, tun das aber in Würdigung ihres poetischen Gehalts und nicht aus Übereinstimmung mit dem philosophischen Gehalt von Wittgensteins Oeuvre. Dürfen sie das? Tatsache ist: Von Wittgensteins Sprache sind viele Dichterinnen und Dichter beeinflusst worden. Ein anders gelagertes Genie mäandriert zwischen Perinetkeller und den Theatern der Welt. Sie arbeitete mit Tabori, Langhoff, Zadek und vielen anderen: Anne Bennent, die heute am Donaukanal und am Kamp lebt. Sie braucht keine Anleihen von Wittgenstein (denn, laut «Welt», blüht «Poesie brut auf, wo sie hinspuckt»), aber wenn sie ausgewählte Passagen aus seinen philosophischen Schriften liest, wird klar, warum viele Dichter_innen in den Sog der Sprache Wittgensteins geraten. Hinweise, wie man, wenn man will, Wittgenstein auch verstehen kann, gibt der Kunsthistoriker und Philosoph Reinhold Sturm. Otto Lechner begleitet Bennent musikalisch.

Sa 8.5. Treffpunkt 9:00 im Perinetkeller zur 4MAL4 Landpartie zur wieder wild gewordenen Traisenmündung. Geführte Wanderungen. Anmeldungen raschest bei: alois.kinast@gmx.at

Mo17.5. 19:30 DIE NASE– EIN FAST IN VERGESSENHEIT GERATENES BUCH. Der feine, im Wettbewerb der ästhetischen Covergestaltung führende Wiener Verlag «bahoe books», ist auch ein Spezialist für das Ausgraben verschütteter Literaten. Einer dieser Autoren ist der polnisch-russisch-jüdische Novellist Bruno Jasienski. Er wurde 1938 von den Stalinisten ermordet und hatte zwei Jahre zuvor ein Märchen für Erwachsene herausgebracht. Die Geschichte: Ein Rassenkundler, der mit seiner Studie «Die typischen Merkmale der semitischen Nase als einer klar ausgeprägten Minusvariante und über den Einfluss der Nasenform auf die seelischen Charakteristika des Judentums» Karriere machte, blickte eines Tages in den Spiegel und sah, dass ihm eine «eindeutig» jüdische Nase gewachsen war. Wladimir Vertlieb schrieb das Vorwort, und die moderne Übersetzung vom Russischen ins Deutsche besorgte die Schankwirtin des Perinetkellers, Elisabeth Namdar-Pucher.

Bis Fr 21.5. HALBS MINI-MUSEUM / DEPENDANCE VERFALLSLABOR im Keller. Kurzvideos

So 23.5. 19:30 IST DIE BOHEME SCHON TOT – ODER STIRBT SIE NOCH? Lisl Pongers Fotoausstellung DIE DOPPLERANARCHIE steht am Beginn eines Veranstaltungsreigens, der sich bis in den Hochsommer ziehen wird. Details: www.perinetkeller.at.


Der Perinetkeller ist das ehemalige Atelier der Wiener Aktionisten und wird seit Juni 2016 vom Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) ohne Subventionen betrieben. Spenden sind erwünscht. Kein Konsumzwang. Getränke gegen Spenden. Wir raten dringend, ein persönliches Glaserl mitzubringen – andernfalls droht der Plastikbecher. Klo am Platz (ca. 100 m).

 

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PERINETKRISE: KANN DIE KUNST NIEDERGELEGT WERDEN?

Noch ein paar Lockdowns, dann ist das Jahr um, und wenn im übernächsten Jahr, 2024, das Klima zu einer Kategorie des Krieges (der Menschheit gegen ihresgleichen) wird, kann sich niemand mehr an den Perinetkeller erinnern; das Schauspiel des Versinkens der Stadt Venedig okkupiert die Publizistik; langsam verwandelt sich der Eiterschleim der Seuche in ein mexikanisches Zitronenbier zurück; ebenso vergessen wie der schockierende Knall beim Einsturz der von einer sympathisierenden Mischpoche gebauten Kellerstiege mitten im Karl-Marx-Geburtstagsfest; sie war genau so konstruiert worden, dass sich im Fall ihres Zusammenbrechens niemand verletzen konnte; vergessen ist das Boot, das in einer Höhe von 1,5 Meter in der Stratosphäre des Kellers schwebte, aber die meisten KellerbesucherInnen waren größer als 150 Zentimeter; der Kunst zuliebe verließen sie die Eingangstreppe des Todes mit gespielter Gelassenheit, jedoch mit beleidigten Bandscheiben; aus gutem Grunde vergessen ist der oft abendfüllende Balztanz zwischen Felix und Robert, selbst außerhalb jeder Brunft; allen unseren Köpfen entschwunden ist Victors Kampf gegen das Zutrittsrecht der Wichtel (nämlich der Nichtraucher); vergessen ist der Gram des achtzigjährigen Nitsch, der beim Holzofen saß und über die Musealisierung des Gewölbes meckerte … Weiterlesen

November 2020 im Keller

Mi 4.11. 19:30. Wien – Ort des Möglichen. Wie die Autos den Städten zugesetzt haben; wie die Städte nun umgekehrt den Autos zusetzen müssen: darum geht‘s bei der stadtpolitischen Reihe, die das Institut ohne direkte Eigenschaften gemeinsam mit dem «Stadtlabor» des Baugruppen-Experiments «Gleis 21» im Sonnwendviertel konzipiert hat. Im Perinetkeller wird der Fokus am 4. November auf den Beitrag künstlerischer Handlungen gerichtet. KünstlerInnen, die Impulse zur Realisierung autofreier Städte geben, im Erfahrungsaustausch…

Mo 9.11. 19:30. Idiome Prosawerkstatt 2020. Mit Erhan Altan (Wien), Margret Kreidl (Wien), Thomas Raab (Wien) & Richard Wall (Engerwitzdorf). Moderation: Florian Neuner (Herausgeber Idiome. Hefte für Neue Prosa). Aus dem Inhalt: «Die Existenz im Dazwischen» eines Übersetzers und «bukolische Prosa» von den geographischen Rändern; die literarische Auseinandersetzung mit der Kunst von Agnes Martin und ein Inventar der Kerne, aus denen sich die Erinnerungen eines Individuums zusammensetzen. Mit Unterstützung der GAV.

Fr 13.11. 13:13. Rudolf-Schwarzkogler-Memorial am Wiener Zentralfriedhof. Am Freitag, den 13. November 2020, wäre der österreichische Aktionskünstler Rudolf Schwarzkogler 80 Jahre alt geworden, wäre er nicht schon im Alter von 28 Jahren durch einen Sprung oder Fall aus seinem Küchenfenster gestorben. Rudolf Schwarzkogler war einer der Mitbegründer des legendären Wiener Aktionismus. Die Belegdauer seiner privaten Grabstätte Nr. 76 ist seit Jahren erloschen, der Grabstein entsorgt und dichtes Gras über die Erde gewachsen. Das Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) holt aus diesem Anlass nach, was das Kulturamt versäumt. Wir markieren in einer feierlichen Prozession temporär den Rudolf-Schwarzkogler-Gedächtnis-Pfad von Tor 1 bis zum verschwundenen Grab in der Gruppe 10. Treffpunkt: Tor 1, Simmeringer Hauptstraße 230 (Straßenbahnlinien 73, 6), 13:13. Trauerkleidung erbeten.

Mo 16.11. 19:30. «betoniert meinen schwanz in die staumauer der freudenau» Seit rund drei Jahren blättert der Aktivist Peter A. Krobath die Gratiszeitungen der Stadt durch und lyricycelt sie mit Schere und Uhu (EU-Abfallrichtlinie). Die Ergebnisse des Projekts Lyricycling Heute/Österreich werden kopiert und wieder im öffentlichen Raum präsentiert, auf Zeitungsboxen (Verursacherprinzip), Elektrokästen, Plakatwänden etc. Und an diesem Abend im Perinetkeller, plus der einen und anderen dazu passenden Geschichte.

Mi 18.11. 15:00 bis 19:00. Initiativenwerkstatt Mobilität. Die Initiativenwerkstatt im Kulturraum von «Gleis 21», dem Holzhaus am Helmut Zilk-Park, ist ein interaktiver Denk- und Vernetzungsraum für Menschen mit guten Ideen und Interessierte im Bereich Mobilität und Stadtverkehr. Eine Veranstaltung im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts «Wien – Ort des Möglichen». Veranstaltungsort: «Gleis 21», Bloch Bauer Promenade 22, Sonnwendviertel, 1100 Wien. Weitere Information: Martina Handler, mah@gleis21.wien, www.gleis21.wien.

Sa 28.11. 19:30. Tribute to Alfred Kolleritsch. Andreas Unterweger, der heute die von Kolleritsch gegründete Grazer Literaturzeitschrift «manuskripte» herausgibt, kommt in den Keller – mit (historischem) Belastungsmaterial gegen den «Jugendverderber». Kolleritsch hatte das Geniale an Ossi Wieners Antiroman «Die Verbesserung von Mitteleuropa» gespürt. Ab 1964 veröffentlichte er ihn als Fortsetzungsroman. Das brachte ihm die Klage wegen sittlicher Gefährdung der Jugend ein und war für den Herausgeber existenzgefährdend Der Paragraph ist heute noch gültig. Kolleritsch spürte auch, welche unbekannten Talente unterstützenswert waren. Ohne dieses Spüren hätte es keinen Nobelpreisträger Handke und keine Nobelpreisträgerin Jelinek gegeben. Kolleritsch starb im Mai dieses Jahres, 89-jährig.Heino Fischer, Schauspieler, liest Texte von und zu Österreichs erfolgreichstem Literaturnobelpreisträgermacher.


Der Perinetkeller ist das ehemalige Atelier der Wiener Aktionisten und wird seit Juni 2016 vom Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) ohne Subventionen betrieben. Spenden sind erwünscht. Kein Konsumzwang. Getränke gegen Spenden. Wir raten dringend, ein persönliches Glaserl mitzubringen – andernfalls droht der Plastikbecher. Klo am Platz (ca. 100 m).

 

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Video Conference: ÜBERLEBEN IST MACHBAR

Video Conference um das BGE für die Kunstberufe (nachdem beinahe alle Kunstberufe ohne Pandemie-Hilfen mit Berufsverbot belegt wurden).

Uhrzeit: 6. Okt. 2020 07:00 PM Amsterdam, Berlin, Rom, Stockholm, Wien
Zoom-Meeting beitreten

https://us02web.zoom.us/j/6180759143?pwd=WWVlODBldVBUUERIUkNPS2c4U0xudz09

Meeting-ID: 618 075 9143
Kenncode: phnLe1

Dienstag, 6. Oktober 2020, 19.30:

Expertenrunde/Diskussion zur Forderung eines bedingungslosen Grundeinkommens für Kunstschaffende (i.a.R.)

Thomas Drozda
U.A. 10.07.1999 – 16.10.2008 Geschäftsführer der Burgtheater GmbH, 2008–2016 Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien, 25.05.2016 – 18.12.2017 Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien im Bundeskanzleramt, Präsidentin-Stv. der Österreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik, Abgeordneter zum Nationalrat, Bereichssprecher für Kunst, Kultur und Medien, seit 1991 Geschäftsführer des Trotzdem-Verlags. Drozda ist der erste österreichische Kunst-Politiker, der immer wieder das Grundeinkommen für KünstlerInnen fordert.

Erwin Jerusalem
war Geschäftsführer mehrerer größerer Dienstleistungsbetriebe im Zahlungsverkehr, nun bildender Künstler, hatte für das Liberale Forum die Forderungen nach dem Grundeinkommen formuliert und berechnet. 1)

Karl Reitter
Lektor für Sozialphilosophie an der Universität Wien, an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt für das Fach Philosophie habilitiert, 2019 Ehrenmitglied der BAG Grundeinkommen der Partei „Die LINKE“, schreibt und argumentiert das bedingungslose Grundeinkommen. 2)

Klaus Sambor
seit 2004 Koordinator von Attac für Grundeinkommen, Mitglied von „Runder Tisch für bedingungsloses Grundeinkommen“, „Network Basic Income and Social Cohesion“ und Board Member „Initiative Civil Society“, koordiniert die Debatten und Gruppen für RTGA.

Christiane Varga
Soziologin, Germanistin, Autorin, Referentin, Trend- und Zukunftsforscherin, beschäftigt sich mit den vielen unterschiedlichen Facetten der Frage „Wie leben und arbeiten wir in Zukunft“, 2012-2017 im Think Tank des Wiener Zukunftsinstituts.

DAS EXPERTENGESPRÄCH WIRD CORONAHALBEN VOM THEATER-VARIETE VINDOBONA (Wien 20, Wallensteinplatz 6, ganz in der Nähe des Perinetkellers) ÜBERTRAGEN. ANMELDUNG BITTE UNBEDINGT SO SCHNELL WIE MÖGLICH PER MAIL AN brus.day@chello.at!!!

Diese Diskussion wird von Erich Félix Mautner kuratiert, M 0664 466 17 25, T+F 01 815 05 54, E erich-felix.mautner@chello.at.

Oktober 2020 im Keller

Do 8.10. 19:30. Eine musikalische Buchpräsentation:«Musikarbeiter unterwegs» von Rainer Krispel. Auswahl aus hunderten Musikartikeln, die die Wiener Straßenzeitung Augustin veröffentlichte. Lesung, dann Livemusik: «Hirn mit Ei» (Mario Lang, Gesang; Andi Lechner, Gitarre; Vincenz Wizlsperger, Kontrabass) Zum Abschluss das Sibylle Kefer Trio. Insgesamt ein Live-Programm, das zwischen Lamourhatscher und Punk mäandriert.

Sa 10.10. 19:30. And always die Liebe im Knopfloch meines Mantels. Die Berliner Writers‘ Damen Maria A. Druckenthaner und Felicitas Jacobs spinnen ein Netz von Lyrik und Geschichten aus dem Berliner Stadtleben, berichten von alltäglichen Überraschungen, erzählen vom Drama der kleinen Dinge und der Komödie der Sehnsucht. Beide hat das Schicksal nach Berlin gewürfelt, die eine aus dem Rheinland (Jacobs), die andere aus Österreich (Druckenthaner). Die Stadt wird sie wohl niemals loslassen.

Do 22.10. 19:30. Wien, Ort des Möglichen. Eine Kooperation zwischen Gleis 21 / Änderungssalon und Perinetkeller. Inspirierende Beispiele aus europäischen Städten wie Barcelona zeigen, wie Stadtentwicklung in Zeiten der Klimakrise aussehen kann. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo formuliert es so: «Asphalt überall dort zu beseitigen, wo es möglich ist, erlaubt der Stadt nicht nur, tief durchzuatmen, sondern verleiht ihr auch einen neuen Atem« Ort: Gleis21, Holzhaus am Helmut Zilk-Park, Sonnwendviertel.

Sa 24.10. 19:30. Top 10 Lockdown 20. Vernissage, Musikperformance. Als die Stadt in die Stille sank und der Himmel sein tiefdunkles Blau der Unendlichkeit zeigte, konnte man sich entweder der Angst vor dem lebensbedrohlichen Virus hingeben oder der Seelenbaumelei, dem Spiel mit den Musen. Ulli Gladik (Öl, Aquarell) und Martin Tichy (Gitarre, Loops) wählten zweiteres. Sie tauchte in die Welt der Formen und Farben, er versank in Rhythmen, Sounds und Harmonien.

Di 27.10. 19:30. Stalin, Sex und Kalte Kriege. Karl Wiesinger (1923 – 91), Linzer Schriftsteller und KP-Aktivist, Widerständler unterm NS-Regime, später Kellertheatermacher, Romancier ohne Resonanz, schließlich Kurzzeit-Berühmtheit als Fake-Bauern-Literatur-Avantgardist Max Maetz: eine Biographie wie eine ungeschriebene Tragikomödie. Es sprechen und lesen: Florin Mittermayr (Regisseur, Musik- und Stimmarbeiter) sowie Georg Hofer und Helmut Neundlinger (Herausgeber des Katalogs zur Ausstellung über Karl Wiesinger im Linzer StifterHaus).


Der Perinetkeller ist das ehemalige Atelier der Wiener Aktionisten und wird seit Juni 2016 vom Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) ohne Subventionen betrieben. Spenden sind erwünscht. Kein Konsumzwang. Getränke gegen Spenden. Wir raten dringend, ein persönliches Glaserl mitzubringen – andernfalls droht der Plastikbecher. Klo am Platz (ca. 100 m).

 

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