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Theo Altenberg: MenschenKörper, Eingeweihte!
11. Juni 2018 @ 19:30
Über die Wiener Aktionisten und die unfassbare Leichtigkeit existentieller Radikalität in den 60er Jahren
Theo Altenberg zeigt Aktionsfilme aus den 60er Jahren mit Ana und Günter Brus, Otto Muehl, Rudolf Schwarzkogler, Kurt Kren, Peter Weibel, u.a. aus dem PAP Filmverleih Archiv Karlheinz und Renate Hein, München.
im Anschluss: Dialog mit einem Ungenannten Ährenmitglied
Theo Altenberg ist Künstler und Autor. Von 1980-83 arbeitete er mit Joseph Beuys und der FIU an den Projekten „7000 Eichen” und „Institut für Kunst und Gesellschaftsgestaltung“. Er initiierte und kuratierte die Sammlung und das Archiv des Wiener Aktionismus Friedrichshof (1983-1991), sowie das Projekt „Atelier del Sur, El Cabrito“ auf der Insel La Gomera (1986-1993). 1994 – 1998 Techno Projekt „ODER NICE“ electronic poetry, 2014 – 2015 Projekte mit der Volksbühne Berlin „Existenz Palast“, „van Gogh revisited“, „VAIGHT“ (mit Barbara T. Smith, Paul McCarthy, Günter Brus, Jaki Liebezeit, Jochen Irmler, Lukas Taido). Er lebt und arbeitet in Berlin.
„Der 1952 in Mönchengladbach geborene Künstler wird 1972 beim Besuch der Documenta 5 in Kassel inspiriert sein Arbeitsfeld im Bereich der Aktionskunst zu suchen. Er verlässt 1973 das Rheinland, um nach dem Studiums an der Werkkunstschule Krefeld diese Idee in der Wiener Kommune des Aktionskünstlers Otto Muehl in eine radikale ästhetische Praxis, die alle Lebensbereiche einschliessen sollte, umzusetzen. In der experimentellen Künstlergemeinschaft findet Theo Altenberg seine Ausdrucksformen vor allem in den Medien Photographie, Performance, Tanz und später als Schauspieler in den Spielfilmen der Kommune (als Hauptdarsteller in den Rollen von Vincent van Gogh, Pablo Picasso, Richard Gerstl und Andy Warhol). Er verlegt die Zeitschrift „AA Nachrichten“ Zeitschrift für alternative Lebensformen (1974 – 1976) und initiiert und kuratiert die Projekte „Sammlung Friedrichshof / Archiv des Wiener Aktionismus“ (1983 – 1991) und „Atelier del Sur“ auf der Insel La Gomera (1986 – 1993). Mit Joseph Beuys und der Free International University arbeitet er von 1980 – 1983 an den Aktionen „7000 Eichen“, „Kronenschmelze“ und „Apollozelt“ (Documenta 7, Kassel, mit Rhea Thönges und Johannes Stüttgen) ). In dieser Parallelität von „Lebensform Kommune“ und den Projekten mit Joseph Beuys, mit dem er in diesen Jahren mehrere Videos produziert, eine Begegnung mit dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky in Wien organisiert und das Buch „Gespräche mit Beuys“ verlegt, wird die Idee, Kunst und Leben in einem permanenten Bewusstseinsprozess zu verschmelzen, für ihn Realität. In den Jahren 1986/87 wird endgültig sichtbar, dass das Gemeinschaftsprojekt im autokratischen Hierarchie-System, des zum „Maximo Lider“ mutierten Gründers Otto Muehl, erstickt. Der Versuch Altenbergs durch die Kunst eine Öffnung zu den alternativen Bewegungen der Gesellschaft zu erreichen, scheitert.
1987 wendet er sich, in einer Phase der inneren Isolation, Spracharbeiten zu, in denen er den Anordnungen von Wortgebilden auf den Leib rückt: „Es wurde damals alles viel zu eng. Es musste ein Entzerren stattfinden. Ich ordnete die Buchstaben zunächst wie auf einer Spielkarte, um in dieser panischen Situation den Begriffen ihre Einsamkeit deutlich zu machen. Eine Art Trauma-Poesie über den Untergang unserer implodierten Utopie.“ Es geht um Begriffe wie A N G S T, LIE BE, HA SS, um die kollektiven Ekstasen einer gescheiterten Vision und den Verlust einer sozialen Identität.
Das AuseinanderReissen von Wörtern löst versteckte Übersetzungsprozesse aus. Das Verschieben in Zeilen ermöglicht Mutmaßungen über verborgene und verbogene Bedeutungen. Aus Weisheit wird WE IS HE IT oder WE I SHE IT , aus Muttersprache MUT TER SP RACHE. Es ergeben sich Verwandtschaften zur Lyrik des Rap, in der auf ähnliche Art Verkürzungen von Worten zu „Key Letters“ praktiziert werden. In der Berliner Galerie Bruno Brunnet (1993) werden erstmalig, die Wandarbeit A N G S T, eine Reihe von Stickbildern, die er in Zusammenarbeit mit seiner Mutter produziert und eine Dia-Text-Installation mit dem Titel „Sexual Correctness“ ausgestellt.
Die Dekonstruktion von Begriffen und ihren Erscheinungsformen bleibt bis heute ein Forschungsfeld des Künstlers. Ab 1994 ereignen sich „Spracharbeiten“ auch in Form von Songtexten in den Projekten NAME und Das ES und in Kollaborationen mit Burnt Friedman (Berlin), Kreidler (Düsseldorf/Köln), u.a.
Mitte der 90er Jahre gründet er gemeinsam mit Alexander Gutsch das Club Projekt ODER NICE. Mit live acts unter dem Begriff Electronic Poetry gastiert das Duo in Techno Clubs wie z.B. das „Ultraschall“, München; „Aufschwung Ost“, Kassel; WMF, Berlin. 1997 erscheint auf dem Label HÖR SPIEL MUSIK ihre LP „List and Link Music“. 1998 veranstaltet Altenberg gemeinsam mit DJ Hell und Freunden die erste kubanische Techno-Salsa Nacht im Studentenclub der Universität von Havanna.
Seit 1999 arbeitet er mit Djuna Lou Finidee kontinuierlich an Gemeinschaftsprojekten. Es entstehen musikalische DialogKonzerte, der Kurzfilm „Eine kleine Frequenztheorie“ und gemeinsame Arbeiten in den Medien Video und Photographie. Die Zusammenarbeit mit Burnt Friedman und seinem Label „nonplace“ beinhaltet die verschiedensten musikalischen Experimente, z.B. VocalStudien zu Konzept-Dub, zeitgenössische „Protestsongs“ wie „Fuck Back“ oder Tanzflächen-kompatible Tracks im Stil von „Surprise me“ oder „Healer“. Seit 2011 ergibt sich ausserdem eine visuelle Partnerschaft. Die ArtWorks des Labels sind Bilder aus Altenbergs Atelier. Ende der 80er Jahre wendet sich Altenberg der Malerei zu. Die Arbeiten der letzten Jahre entstehen ohne jeglichen Einsatz von Werkzeugen. Sie sind das Ergebnis von Interaktionen mit den „Eigenschaften“ Masse, Flüssigkeitsgrad, Schwerkraft und Trocknungsprozess. Die in experimentellen Prozessen hergestellten Vorlagen (Öl auf vorgedrucktem Karton) werden weiter entwickelt und schliesslich zu großformatigen Pigmentdrucken verarbeitet.
Altenberg über Malerei: „Gustav Metzger’s Liquid Crystal Environment from1966, which I saw reinstalled in 2002 at Zürich’s Migros Museum, subsequently had a profound influence on my current practice. In painting it has always been part of my intention to use colour as a kind of ‘liquid space’, and I feel Metzger’s work encapsulated this feeling perfectly.“ (Elephant magazine, London 2012)
2014 / 2015 arbeitet er mit der Volksbühne Berlin an mehreren Bühnenprojekten: MUTTER MUND VATER LAND mit Burnt Friedman, Jaki Liebezeit und Konstantin von Sichart. „Existenz Palast“ (u.a. mit Günter Brus, Barbara T. Smith und Paul McCarthy), „Van Gogh Revisited“, (Altenberg & McCarthy).“ (Zitat aus Pressetext der Volksbühne Berlin, 2016)
Der Perinetkeller ist das ehemalige Atelier der Wiener Aktionisten und wird seit Juni 2016 vom Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) ohne Subventionen betrieben. Spenden sind erwünscht. Kein Konsumzwang. Getränke gegen Spenden. Wir raten dringend, ein persönliches Glaserl mitzubringen – andernfalls droht der Plastikbecher. Klo am Platz (ca. 100 m).