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Marianne Fritz. Die Avantgardistin unter den AvantgardistInnen.
7. April 2018 @ 19:30
Marianne Fritz, für viele Österreichs rätselhafteste Autorin, starb am 1. Oktober 2007. Die gebürtige Steirerin lebte seit 1977 ständig in Wien. Mit der Erzählung «Schwerkraft der Verhältnisse» gelang ihr 1978 der Durchbruch; das Buch wurde mit dem Robert-Walser-Preis ausgezeichnet. «Dessen Sprache du nicht verstehst» erschien Ende 1985, ein Opus von 3500 Seiten, in dem es um das Schicksal der Arbeiterfamilie Null am Vorabend des Ersten Weltkriegs ging. Noch eine Dimension umfangreicher ist das Hauptwerk der Dichterin: Mit «Naturgemäß I» (1996) und «Naturgemäß II» (1998) setzte sie «Dessen Sprache du nicht verstehst» fort, allerdings auf noch sprachexperimentellerer Weise. Sie gab sich nicht mit dem einmal gefundenen Verfahren zufrieden; «Naturgemäß III» konnte sie nicht vollenden. Der unvollendete dritte Band ist aber im Internet zu lesen: www.mariannefritz.at.
Wendelin Schmidt-Dengler zur Ausnahme-Autorin Marianne Fritz, dieser Avantgardistin ohne avantgardistische Gruppe: «Sie versagte sich kompromisslos der Öffentlichkeit, gab keine Interviews und ließ sich nicht fotografieren. Ihr ging es um das Schreiben, und nur darum. Sie konnte im Zwiegespräch sehr herzlich sein, immer wieder aber schlug Bitterkeit durch über soziale Ungerechtigkeit, über den Gang der Geschichte und die Macht der Massenmedien. Die Gruppe jener, die ihr Werk schätzten, ist nicht so klein: Elfriede Jelinek veröffentlichte in dem Band «Jelineks Wahl» einen Ausschnitt aus dem Werk der Marianne Fritz, der Suhrkamp Verlag hielt ihr über den Tod Siegfried Unselds hinaus die Treue. Es ist an uns, beharrlich immer wieder auf die große Leistung dieser Autorin hinzuweisen.»
Im Perinetkeller gibt Otto Dünser, Lebensgefährte der Schriftstellerin, Hinweise auf ihr dem Lärm des kapitalistischen Literaturbetriebs abgewandtes Leben; der Schauspieler Ottwald John liest ausgewählte Texte.
Ausgewählte Seiten des Romans «Naturgemäß», 3. Teil. Der dritte Teil des Romans ist nur via Internet verfügbar.
Der Perinetkeller ist das ehemalige Atelier der Wiener Aktionisten und wird seit Juni 2016 vom Institut ohne direkte Eigenschaften (IODE) ohne Subventionen betrieben. Spenden sind erwünscht. Kein Konsumzwang. Getränke gegen Spenden. Wir raten dringend, ein persönliches Glaserl mitzubringen – andernfalls droht der Plastikbecher. Klo am Platz (ca. 100 m).